Gedankenfetzen

Loslassen und Festhalten liegen nah beieinander

Ein Umzug steht ins Haus. Ich räume viel, ich miste aus, trenne mich von Dingen, die ich lange nicht gebraucht habe. Da möchte man ja meinen, dass das eigentlich sehr einfach wäre. Einen Gegenstand, den man lange nicht gesehen hat, weil er in einer Schublade war, einfach entsorgen. Aber es ist schwer. Erinnerungen hängen dran, es ist, als würde man ein Stückchen seiner Identität einfach in die Tonne kloppen.
Warum denke ich sowas? Es ist nur ein Gegenstand, es kann nicht denken, es fühlt nichts. Nur ich fühle das.
Ganz extrem war der Anfang, als ich meine Bücher begonnen habe durchzusortieren.
Ich bin ein kleine, oder besser gesagt große Leseratte. Bücher sind, wenn man so will, ein Teil meines Lebens, meiner Persönlichkeit. Ich ohne Buch, das geht nicht.
Gestern habe ich also hier gesessen und Bücher sortiert nach: Muss mit umziehen und gebe ich ab.
Bei einigen Büchern fiel es mir sehr leicht. Das waren so Bücher, die ich eben gelesen habe, noch weiß, um was es ging, die mich aber nicht in irgendeiner Form getouched haben.
Dann hielt ich das eine Buch in meiner Hand. Von Marc Levy „Solange du da bist“.

Es geht um die Liebe, die über den Tod hinaus geht. Kann ich so ein Buch wegtun? Ich wusste genau, ich werde es nicht mehr lesen. Aber zu gleichen Zeit fiel mir ein, was es mit mir gemacht hat. Es berührte mein Herz. Hat das Buch das wohl gemerkt? Wo gehen diese Gefühle hin, wenn ich so ein Buch lese? Und darf ich das Buch dann einfach weggeben?

Wir speichern in unseren Erinnerungen die Empfindungen während Ereignissen und verknüpfen sie mit Gegenständen. Mit Teddys, Büchern, Musik.

Aber wenn wir uns von unseren Dingen trennen, die diese Gefühle auslösen, verschwinden dann diese Empfindungen mit den Dingen? Ändern sich unsere Gefühle? Hab ich den Teddy noch immer so lieb, wenn ich ihn in die Schublade lege oder muss ich ihn stets um mich haben?

Ich betrachte das Buch also und spüre etwas. Dieses gerührt sein, dass hat mir zwar das Buch vermittelt, aber es ist  in mir. Wie die Liebe zu meinem Teddy, den ich allerdings nie entsorgen werde, nur weil er in der Schublade liegt. Da ist es wichtig, dass ich die Gewissheit habe, das er da ist.

Man muss also nicht unbedingt etwas behalten, weil man etwas gern hatte. Manchmal muss Trennung eben sein, damit man sich verändern kann. Und damit es weitergeht. Und ich muss auch praktisch denken. Was ich nun wegtue muss nicht mehr mit umziehen und ist weniger Gepäck.

Loslassen und Festhalten, beides kann wichtig sein. Beides ist im Leben notwendig.

Ich packe Marc Levys Roman also in die Kiste „Kann weg“. Und plötzlich kommt mir meine verstorbene Oma in den Sinn…..
Auch die habe ich weiterhin im Herzen, ohne das sie da ist.

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert