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Darauf einlassen

Manchmal sitze ich hier auf dem Sofa und kann direkt durch die Tür in den Durchgangsraum schauen, den wir als Esszimmer eingerichtet haben. Dort steht eine Kommode mit einer kleinen Lampe darauf und direkt darüber hängt meine Mama, in Schwarz und Weiß und einer Schwesterntracht. Ich weiß nicht genau wie alt sie da war. Aber mein Papa erzählte mir, dass er sie genau so kennengelernt hat. Sie muss also um die 20 gewesen sein.

Ich ertappe mich dabei, wie ich mit ihr rede. Entweder schaue ich mir das Bild an oder ich schaue einfach hoch, an die Zimmerdecke, in den Himmel, wo immer ich auch bin. Das klingt ganz schön abgedreht, aber es hilft mir. Und ich habe das Gefühl, das es einfach so ist. Sie hängt da an der Wand und lächelt mit stumm mit ihrem verträumten, ernsten Blick zu. Ein Blick, der aber auch ganz viel Lebensfreude und Neugier ausstrahlt. Es ist mein Blick, wenn ich in den Spiegel schaue, traurig, aber voller Freude auf kommende Abenteuer. Nur hat sie nicht so schlimme Augenränder wie mein Spiegelbild sie aufweisen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass sie mit mir redet. Oder mir eine Hand auf die Schulter legt. Sie ist einfach noch da. Hier bei uns und begleitet uns auf diesem Weg. Das spüre ich auch, wenn ich diese Zeilen schreibe. So viel von ihr ist hier. Nicht nur ihr geliebtes Halstuch um meinen Hals, oder Liese Lotte, die Puppe, die sie mir zum Geburtstag als Kind geschenkt hat. Blumen auf den Tisch, die wir uns sonst zusammen gekauft haben, das habe ich nun alleine gemacht, weil es immer so war. Das Windlicht mit der Eule, welches sie mir letztes Jahr geschenkt hat, weil ich es so toll fand. Ich will mir Leber kaufen, auch wenn nur ich die jetzt noch esse, aber auch das bleibt. Ich mag Leber noch immer, die habe ich immer mit Mama gegessen. Sie hat eben mein Leben geprägt.

Ich habe gestern Werbung gesehen. Die Joghurt Schnitte, ein Nebenprodukt der Milchschnitte gibt es jetzt mit Himbeere. Ich musste an Mama denken. Die hätte sie geliebt. Das weiß ich ganz genau. Nun kauft sie die nicht mehr zum probieren für uns. Aber ich werde das nun tun, und ich werde dabei an sie denken. Weil sie es nicht mehr kann. Es immer so war und sie uns das hiergelassen hat. Neugierig auf neues sein, ganz viel neues auszuprobieren, sich nie einschränken, ungewöhnliche Wege gehen. Und vor allem: Immer an das Unmögliche glauben. Sich selbst einschränken, dass kam für sie nicht in Frage. Weil sie sich eben so sehr in ihrem Leben durch die Krankheit hatte einschränken müssen, hat sie in den ihr möglichen Bereichen immer alles mitgenommen, egal wie ungwöhnlich es war. Hauptsache es ging ihr damit gut. So wurde eben auch neuer Joghurt probiert oder für Wasser 20 Cent mehr ausgegeben, weil die Eiskönigin auf der Flasche war.

Ich solle meinen Weg finden. Ich schreibe, ich singe, ich höre Musik. Ich lese Bücher über Mütter-Töchter-Beziehungen. Und das alles tut mir gut. Und ich gefalle mir in dieser doch ernsteren Version von mir sehr gut, denn trotz allem hat diese alte Claudia, die lacht und sich Glitzerkram kauft noch ihren festen Platz. Diese ernstere Claudia kann viel mehr über Dinge nachdenken. Ich musste mich erst darauf einlassen, mir selbst wieder gefallen. Mir zugestehen, das sich eben was verändert hat, was ich aus eigener Kraft eben dieses Mal nicht ändern kann. Und ich will neugierig auf Neues bleiben, so wie Mama.

Ich lasse mich im Moment auf viel neues ein. Ich lerne im Gesangsunterricht neue Sängerinnen kennen. Ich lasse mich auf neue Sounds ein. Und ich sauge das alles auf. Wohin mich das führt? Ich weiß es nicht. Ob anderen das gefällt? Das weiß ich nicht. Einige konnten damit nicht umgehen, mit dieser Veränderung, die ich gezwungener Maßen durchmachen muss. Aber in erster Linie muss ich mit mir klar kommen. Und das tu ich.

Ich kann durch diese Veränderung mich mit den Worten noch intensiver ausdrücken, ich kann mich einfacher auf Musik einlassen. Und ich glaube auch der Gesang an sich hat nochmal eine Schippe drauf bekommen.

Es verändet sich viel. Aber wenn man sich drauf einlässt, muss Veränderung nicht gleichzeitig schlecht sein. Das habe ich diesen fast neun Wochen nun begriffen. Mama ist nicht mehr da, aber sie hat Farben hier gelassen. Für die Erkenntnis muss ich der weltbesten Jasmin danken. Als hätte sie tief in meine Seele geschaut? Oder als könnte sie einfach nur super gut zuhören. Egal was es ist. Sie hat mich voll durchschaut.

Vielleicht ist es vorherbestimmt, was nun geschieht. Vielleicht war das der große Plan, auf den ich mich halt einlassen muss. Der anders läuft, als ich ihn mir erträumt habe. Denn ich konnte mir nicht vorstellen, nein, ich wollte mir nicht vorstellen, wie es ohne Mama weitergeht. Aber die letzten Wochen haben gezeigt, es geht weiter. Irgendwie.

Mir ist es gelungen ein paar Zeilen zu schreiben und diese tatsächlich zu vertonen.

Colors

So soll das gute Lied heißen. An Jasmin und Sascha geht schon einmal ein Dankeschön raus. Ohne euch wäre das nicht geglückt. Und ich mache noch mehr, was meine Mama immer gemacht hat. Groß denken. Denn nur wenn man es denkt, dann kann es auch wahr werden. Ich will mein eigenes kleines Mini-Album mir erarbeiten.

Me, Myself and Mum

6 Songtexte habe ich, es soll schlicht werden. Mal schauen ob es gelingt, aber ich will neugierig bleiben und mich nicht einschränken.

Ich schaue wieder durch die Tür zu meiner Mama. Sie lächelt noch immer still zu mir herüber, als würde sie ihren lockern Spruch gleich sagen:
„Mach doch, wenn du das willst. Mir doch egal.“

Und damit meinte sie immer lapidar.

„Ich stehe hinter allem, was du entscheidest Kind, weil ich weiß, dass du das richtige tust.“

Vertraut hat sie uns immer. Und deswegen weiß ich, dass sie mir auch dieses zutraut und mir vertraut. Ich mach diese Idee nicht wahr für andere, sondern für mich.

Den ersten Song Colors, den bekommt ihr hier auf dem Blog als Demo. Aber es wird noch dran gearbeitet.

Man muss sich einfach auf alles einlassen, denn ändern kann man an dem was geschehen soll und muss eh nichts. Man kann nur damit umgehen was geschieht. Und das tu ich nun, in Zukunft, hoffentlich einfacher als früher. Einfach drauf einlassen, mit der Gewissheit, alles wird gut immer.

 

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