360° Blickwinkel,  Ich,  Otaku

Spielverderber oder Rebell? Ich bin eben nicht Mainstream!


Erst hatte ich überlegt so eine Reportage zu schreiben, völlig überzogen, und auch düster. Ich sprach mit XYZ. Und da hätte ich dann meine Erfahrungen reingeschrieben, ohne zu sagen, dass ich das erlebt habe. Denn es war ja mein Protagonist XYZ. Denn wenn ich eines mit Gewissheit sagen kann, dann dieses hier:

Ich kann sehr gut Geschichten erzählen. Dieses hier ist aber keine Geschichte. Oder eben doch. Es ist meine Geschichte.

Bevor ich jedoch beginne, möchte ich eines vorausschicken. Es wird nun zynisch, bissig und satirisch. Ich will niemanden angreifen, respektiere jeden, der für sich eine Entscheidung getroffen hat. Das sind Tatsachen, auf mich und meinen Erfahrungen beruhend. Meine Empfindung der Situation und mein damit klarkommen. Nicht mehr und nicht weniger.

Aber vielleicht bin ich auch ein wenig gesellschaftskritisch, denn das war ich auf diesem Blog auch schon immer.

So, genug hohles Gelaber von mir. Es geht los.

Als vor ein paar Tagen bekannt wurde, dass diese neue App „Pokémon Go“ endlich auf dem Markt sei, da stand meine Timeline Kopf. Natürlich. Viele Freunde auf Facebook kenne ich eben aufgrund unseres Radios Kibo.FM oder weil ich eben auch Manga lese, mal nen Anime schaue. Ich bin dieser Fanszene eben irgendwie drin, auch wenn ich nicht alles toll finde.
Auch mein Mann und ich haben uns die App geholt.
Man fängt kleine süße Pokémon, muss laufen, brütet dann auch noch Eier aus.
Kurz, man bewegt sich Draußen und hat das Handy am Anschlag um ein virtuelles Vieh in der realen Welt zu fangen. Indem man einfach stumpf über den Display wischt.
Ich gebe zu, es ist schon süß gemacht und so manches Mal bekommt man das Gefühl, die kleinen Monster aus der Kindheit sind lebendig. Vor allem wenn man lustige Fotos macht, wo die kleinen Monster überall auftauchen.
Aber es ist und bleibt ein Spiel. Für mich.
Ich habe das Spiel bisher dreimal aufgehabt. So beim Gang zum Bus, oder wenn ich ein wenig Zeit mit dem Hund im Park hatte. Ich bin auch erst Level 2 und gehe nicht extra deswegen Kilometer weit. Es ist nett für zwischendurch, aber auch nicht mehr. Mich hat das Fieber nicht erwischt. Finde ich jetzt nicht so schlimm.
Wohl jedoch andere in meinem engeren Dunstkreis.

„Dafür ist die App aber nicht gemacht. Für nur so mal spielen. Das geht so nicht.“

Ähm? Warum denn nicht? Will mir dieser Mensch gerade wirklich erzählen und erklären, wie man ein Spiel richtig spielt? Das klingt so nach MUSS. Und freiwillig als Zeitvertreib ist eine Schande. (Ich erwähne mit Absicht keine Namen. Die sich in diesem Beitrag wiederfinden, die wissen genau, wer so gemeint ist.)
Ich war perplex und geschockt. WO stehen diese Regeln? Warum darf ich das nicht so spielen, wie ich es spiele? Habe ich ein Zeitlimit übersehen, wenn ich die App länger nicht aufhabe, explodiert mein Handy, oder was? Wo ist das Kleingedruckte, wenn man es mal braucht?
So eine richtige Antwort habe ich bisher nicht erhalten. Scheint auch nicht so einfach zu sein.
Von der ersten, ach ist ja süß gemacht Phase ging ich in die Trotzphase.
Ich lass mir doch nicht vorschreiben wie ich dieses blöde Spiel spiele.

Nach diesem Diskurs war es erstmal wieder still. Die Person hinter der Aussage spielte weiter, das Leben nahm seinen Lauf.
Dann entbrannte in meinem Freundeskreis eine Diskussion über „Nervt dieses Kackspiel nun oder nicht? Internetabdeckung ist auf dem Land Scheiße, nicht alle Handys sind kompatibel.“

Seit drei Tagen ist jeder dritte Post Pokémon. Und oft kommt dann, ey, es nervt. Fronten entstehen. Die einen, die es hypen und nicht genug davon bekommen können. Die anderen, die es abfuckt, dass es keine anderen Themen mehr gibt. Ich las es still und dachte mir, dass das alles eh bald wieder vorbei ist. Wie mit Tamagochi, Schlaghose und Justin Bieber.
Wird alles wieder gut und relativ.
Bis es eskalierte.
„Auf meinem Handy läuft es nicht, warum?“ fragte jemand auf der englischen und auch deutschen Seite des Herstellers und wollte eine Lösung des Problems.

Daraufhin wurde er angekackt, er würde mit seinem Genörgel jeden auf der Timeline nerven.

Leute, was geht……?
Warum lasst ihr euch denn nerven? Scrollt doch weiter, ignoriert euch gegenseitig. Leben und leben lassen. Und Facebook vielleicht einfach nicht ernst nehmen? Geht doch Pokémon spielen! Ach ich vergaß, die Netzabdeckung auf dem Land ist scheiße, da kann man nicht so gut raus zum Spielen. Und nur so am Rande, das Spiel zieht auch Unmengen von Strom.
Doch zurück. Die sollen sich doch einfach ignorieren, wenn sie sich nerven oder genervt fühlen. Ignorieren und weitermachen, sagt mein bester Freund immer. Wie recht er hat.
Haben die beiden Diskutierer auch gedacht und gehen sich jetzt aus dem Weg. Sie haben sich auf Facebook entfreundet. Leute? Im Ernst. Wegen nem Kack Spiel? Ist das sowas wie ein Schwanzvergleich oder was geht bei euch ab?????

Aber ich gebe zu, auch ich musste meinem genervten Ego Luft machen.
Zynisch wie ich bin fragte ich halt nach dem Sinn, und dass ich nur drauf warte, dass einer vor den Baum rennt. Oder Straßenlaterne, Auto, was auch immer.

Natürlich kamen wieder beide Fraktionen auf den Plan. Die Für und die Gegen.

Ein Kommentar fand ich am erschreckensten.

„So sieht man sich wenigstens die Umgebung und die Wahrzeichen an.“

Als ob. Wer bitte liest die Sachen denn.? Die Leute gehen an besagtes Wahrzeichen, weil es da diesen Pokéstopp gibt. Da bekommt man dann Items umsonst, grasen ab, was es zu holen gibt an Items und gehen. Hätten die echtes Interesse an der Kultur, wären die doch schon längst dahin gefahren und hätten sich über Wahrzeichen und Kulturdenkmäler informiert. Aber wenn ein wildes Pikachu direkt 5 Meter vor dir auftaucht, ist doch egal, an welchen Kriegsveteran oder Komponisten hier gedacht werden soll.
„Das Bauwerk wurde am….. ah, da, ein Mauzi.“
Soviel zum Thema geschichtliches Interesse. Da lobe ich mir das gute alte Geocachen, da musst du dich oft mit sowas auseinandersetzen, um die Schnitzeljagd zu gewinnen!
Und wenn es dann soweit geht, dass kranke Menschen im Krankenhauspark überrollt werden, von Irren mit Handy in der Hand die sich einfach verirrt haben, dann frage ich mich ja schon, ob das alles nicht ein bisschen übertrieben ist. Warum verläuft man sich denn in ein Krankenhaus? Aus Versehen? Ja, warum denn wohl? Hat man etwa Schilder übersehen, weil man auf sein Display geschaut hat und nicht in die schöne Natur bewunderte???? Huch, wie ungewöhnlich bei dem Spiel.

http://www.n-tv.de/panorama/Pokemon-Spieler-verwirren-Klinikmitarbeiter-article18182211.html

Oder es wird auf den Friedhof gegangen und dort gejagt.

http://web.de/magazine/digital/pokemon-go/pokemon-go-friedhof-paar-pokebaelle-abgreifen-31682938

Und mein Unken über Unfälle ist auch nicht so übertrieben. Vor drei Stunden gab es einen Bericht dazu.

http://www.auto-service.de/news/83248-smartphone-hype-gefahr-verkehrsunfaelle-pokmon-go.html

Heute gab es für mich den letzten Klopper und ich frage mich: Was ist in dieser Welt los, dass es eine App schafft, Menschen so sehr in zwei Lager zu teilen.

Erstmal wurde auch ich heute von einem Facebookfreund entfreundet und geblockt. Ob es wirklich an meiner Einstellung zu Pokémon liegt oder an irgendetwas, was ich nicht ahne, das kann ich nicht sagen. Fest steht, es ging um einen blöden Pokémon Post, wo ich auch was eher harmloses drunter geschrieben habe.

Es ging um einen Filter, der alle Berichte auf eine Blacklist setzt, in denen es um Pokémon Go geht. Besagter Mensch fragte, ob es das auch für Facebook gäbe, damit er nicht mehr diese nervenden Kommentare von Menschen lesen müsse.
Ich meinte darauf, dass es dafür schon etwas Facebook internes geben würde. Heißt „Entfreunden“.

(Das habe ich frei wiedergegeben)

Und nun, vor etwa einer halben Stunde wurde ich angegangen, weil ich Pokémon nicht so toll finde. Wenn du nicht für Pokémon bist, dann bist du gegen uns. Das war der Kontext. In einer Gruppe, wo man sich eigentlich über Bücher austauscht.

Das alles erinnert mich an meine Diskussion zum Thema Alkohol. Ich trinke ihn nicht gerne und brauche ihn nicht, um lustig zu sein. Dann sage ich nein. Aber anstatt es zu akzeptieren, werde ich als Spielverderber hingestellt.
Und jetzt werde ich angekackt, weil ich die App falsch benutze und sie nicht so hype? Was ist los bei den Menschen?

Ich bratz doch auch nicht rum, weil ich nicht strickt, nicht häkelt, nicht bloggt, fotografiert. Oder was auch immer? Wollt ihr mich verarschen? Wegen einer App, einem Spiel sich so anzukacken.

Immer mehr bekomme ich das Gefühl es wird so ein wenig wie in dem Buch „Die Welle“, in dem ein Experiment zum 3. Reich nachgestellt wurde.
Entweder du bist Pokétrainer oder du wirst ausgeschlossen. Und nicht nur von Kindern und Jugendlichen, sondern von Erwachsenen.

Ich respektiere euch und finde es toll, dass Menschen draußen an der Luft sind. Und wenn die jetzt noch lächeln würden, sehen, würden, wenn wer Hilfe braucht, Guten Tag sagen würden, dann wäre die App zu mehr gut, als nur zum Monster fangen. Pokémon könnte mehr, wenn es nicht nur um Pokémon in den Köpfen der User gehen würde.
Pokémon könnte die Welt ein Stückchen besser machen, wenn man es in Maßen konsumiert! Mit Sinn und Verstand……..

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