360° Blickwinkel,  Bücher

Ein Buch allein reicht nicht mehr aus…. Oder: Warum man Teebeutel zum Lesen braucht!

Wenn ich ein Buch kaufe, dann wegen dem Buch, wegen dem Geruch nach frisch bedrucktem Papier, wegen den Wörtern, die die Geschichte bilden, die Charaktere, die mich in ihre Welt entführen, und den Wendungen, die mir das Blut in den Adern gefrieren lassen, oder die Tränen in die Augen treiben.
Andere sehen das anscheinend jedoch anders. Für sie muss ein Buch mehr sein. Ein interaktives Erlebnis. Sie möchten am liebsten noch die CD dazu legen, die sie zum Schreiben inspiriert hat.
Manche Autoren gehen jedoch noch seltsamere Wege
Um ein Buch an den Mann/die Frau zu bringen, ist ihnen jedes Mittel recht. Einige von ihnen würden sich auch an den Reichstag ketten, nur damit jemand ihr Buch kauft.
Sie schrecken auch vor Bestechung nicht zurück! Oder wie immer an das auch nennen will, wenn da Dinge auftauchen, die man gar nicht angefragt hat und eigentlich keiner braucht.
Da findet man – nichtsahnend, wie man ist – in dem Paket mit dem Buch noch Teebeutel, Lesezeichen, Kühlschrankmagnete, den Krankenbericht ihres Dackels, den alten Latschen ihrer Oma und einen Zigarrenstummel ihres Onkels
Nachdem ich dann erstmal den Müll entsorgt habe, kann ich mich endlich auf das konzentrieren, was ich eigentlich wirklich haben will: Das Buch.
Aber ich gehöre da wohl zu einer aussterbenden Minderheit. Auf Facebook gibt es einige Gruppen, in der sich Buchblogger mit Autoren in Verbindung setzen können. Ziel der Autoren ist es natürlich, eine gute Rezension zu bekommen. Und der Kampf ist hart. denn die Buchblogger sind mittlerweile ja verwöhnt (so könnte man glauben).
Eine Geschichte, gut geschrieben und nett verpackt, reicht nicht mehr als Anreiz.
Die Autoren überbieten sich gegenseitig mit Dreingaben zum Buch.
Jeder gibt immer mehr dazu. Das Buch, so scheint es, ist nur schmückendes Beiwerk zum Merchandising um die Geschichte.
Tassen, Taschen und dergleichen mehr sollen den gemeinen Blogger selig stimmen und für eine gute Rezension sorgen. Aber auch die potentiellen Leser können diese Art der Zuwendung bekommen. Gewinnspiele sprießen förmlich aus dem Boden. Hier: Gewinn das Buch und Schlüsselanhänger, Kulli, Socken. Doch warum machen die Menschen da mit? Klar, gibt was umsonst. Umsonst nehmen wir doch alle gern. Und gewinnen die Leser nicht? Werden sie mit ziemlicher Sicherheit das Buch nicht kaufen (Ausnahmen bestätigen immer die Regel). Es geht halt nicht ums Buch, sondern ums Umsonst. Probiert mal aus. Verlost irgendwas. Ein Kaugummi, Klopapier. Es wird immer welche geben, die für umsonst alles nehmen.

Und manche Autoren, aber auch einige Verlage, haben dieses Spiel weiter pervertiert.
Unter allen eingesandten Rezensionen wird ein großer Gewinn ausgelost. Da machen jetzt sogar die großen Verlage mit. Sag uns deine Meinung (natürlich nur die gute, und du bekommst was gratis, Konfetti). Ich tippe ja auf einen Wasserkocher. Ohne heißes Wasser nützt mir doch der ganze Tee nichts, den ich von den Autoren bekomme.
Es geht also nicht mehr darum, Leser für das BUCH zu begeistern, sondern mittlerweile geht es darum, wer mehr Extras zu seinem Buch rausrückt. Je mehr du das rausschreist, was es nicht alles noch mit deinem Buchcover gibt, desto mehr bleibst du im Gedächtnis (und in meinem genervten Kopf).
Doch schnell muss man einsehen als Autor, Merchandising ist gut, aber die Verkaufszahlen kurbelt das nicht an. Hinterher muss das Buch dann soweit im Preis gesenkt werden, damit Leser auch nur einen kleinen Anreiz bekommt, das Buch in seine Bibliothek zu stellen. Am besten noch Gratis, damit es alle haben und keiner es mehr kaufen will. Strategisch meisterhaft gedacht. Hut ab, liebe Autorenkollegen.
Was waren das doch für paradiesische Zeiten, als nur das reine Buch zählte, die Geschichte, die uns fesseln sollte. Als der Leser gestöbert hat, ohne Angst zu haben in irgendwelchen Gruppen Steingut an den Kopf zu bekommen. Du willst was lesen? Hier nimm gratis. Und die Socken und den Tee.
Wobei, fesseln geht auch heute noch, wenn wir genug Teebeutel aneinanderknoten, sollte es reichen.
Wofür brauchen wir diesen Müll überhaupt? Wozu brauchen wir Lippenstifte, Kühlschrankmagnete und was es sonst nach an Mist gibt? Tut das irgendwas für die Story?
Spielt der Lippenstift mit Erdbeergeruch irgendeine Rolle im Vampirroman um Vlad Tepes?
Hat der Schwarze Kugelschreiber irgendetwas mit dem Magischen Zepter des Königs Kaius zu tun? (Außer, dass das Design dem Cover entspricht?)
In den meisten Fällen ist die Antwort mit „nein“ zu beantworten.
Die Autoren verschenken also unnötigen Mist, der mich als Leser überhaupt nicht darauf schließen lässt, dass ich einen Autor vor mir hatte? Oder dass es sich bei dem Design der Tasse um ein Buch handelt?
Hätte ich ne Leseprobe, wüsste ich das sofort. Aber so stelle ich mir die Frage, was Douglas- oder Schneider-Mitarbeiter auf einer Buchmesse zu suchen haben. Dass die was mit den Büchern zu tun haben, woher soll ich das wissen? Ein Erfrischungstuch bleibt auch mit Buchcover ein Erfrischungstuch.

Können die nicht mal etwas Nützliches zum Buch dazugeben? Ne Kaffeemaschine wäre doch mal nett. Wobei die natürlich etwas unpraktisch zum Schleppen ist. Aber Kaffee und Buch, das gehört doch zusammen! Oder gleich die Verfilmung, manchmal erspart die einem das Lesen von todlangweiligen Stories.
Außerdem möchte ich ein Buch kaufen, nicht gewinnen. Jeden Tag gibt es in diesen Gruppen zig Bücher zu gewinnen. Wenn ich bei jedem Gewinnspiel mitmachen würde, hätte ich zig eBooks auf meinem Reader, die ich eh nicht lese, und der Autor hat keinen Cent an seinen Büchern verdient. Wenn er sie doch sowieso an Hinz und Kunz verschenkt, warum lädt er sie nicht irgendwo öffentlich hoch und gibt uns einfach nur den Link? Wäre doch viel einfacher! Wenn es ihm nur um Leser geht, einfacher kann er da doch gar nicht rankommen.
Ich habe keine Lust mehr, ständig mit Werbeposts, Gewinnspielhinweisen und sonstigem Scheiß bombardiert zu werden. Ich habe im Fernsehen schon genug Werbung, da brauche ich nicht auch noch Facebook zu.
Und wenn ich Tee, Stifte, Lippenstifte, oder sonstigen Müll haben will, kaufe ich es mir. Genauso wie ich mir Bücher kaufe. Gratis-eBooks liegen eh meistens nur nutzlos platzfressend auf meinem eReader, und ich lese sie nie. Weil sie mir nicht das Gefühl geben, etwas „wertvolles“ zu besitzen. Diese Gratis-eBooks sind sowas wie der Unrat, der sich im Keller meiner Eltern angesammelt hat. Ne große Tonne und weg damit. So kommts mir vor. Die Messie-Generation 2.0
Vielleicht steckt dort aber auch etwas anderes hinter. Vielleicht sollen diese „netten Dreingaben“ der Autoren davon ablenken, dass ihre Geschichte einfach nur scheiße ist? Oder sie sind einfach nicht davon überzeugt, dass sie gut ist. Anders kann ich mir das bei manchen Aktionen nicht erklären, denn ich habe die dazugehörenden eBooks gekauft, und sie sind gut. Oh Gott, die zu den Maßnahmen gehörenden eBooks? Jetzt fange ich auch schon an, so zu reden. Die Bücher stehen im Vordergrund, warum kapiert das denn niemand? Und das sollte möglichst auch so bleiben. Ich kaufe ein Buch wegen des Buchs, nicht weil ich noch zehntausend Sachen an Merchandising dazu haben will!
Ich kann nur jeden eindrücklich warnen, der an diesem Wochenende die Leipziger Buchmesse besucht. Wenn ihr nicht aufpasst, schleppt ihr am Sonntag mehrere Stifte, Taschen, Schlüsselanhänger, Lutscher, Bonbons, und Kühlschrankmagnete herum. Aber nicht ein einziges neues Buch.

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