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Digitale (D)Evolution

Teil eins meiner „Messe-Rants“ trifft heute die Cebit in Hannover. Mein Mann (Informatiker) redet seit Tagen von nichts anderem mehr. Mich persönlich bewegt die Cebit jetzt nicht wirklich, da ich mit Computern und so weiter nicht viel am Hut habe.

Dennoch habe ich mir die eine oder andere Berichterstattung zur Messe durchgelesen. Besonders die Ansprache unserer Bundeskanzlerin Angela „Das-Internet-ist-für-uns-alle-Neuland“ Merkel.

„Alles wird vom digitalen Wandel durchdrungen.“

Natürlich, auch ich sehe es ja. Jeder hat heute ein Smartphone, ist auf Facebook angemeldet, und teilt sein Leben online. Immer mehr spielt sich in virtuellen Welten ab. „Cloud Computing“ ist das Schlagwort des 21. Jahrhunderts. Alles muss heute überall verfügbar sein.

Aber die Schattenseiten dieser Digitalen Evolution werden auf solchen Messen natürlich ausgeblendet. Ich weiß noch, wie sehr mein Mann sich über die Nachrichten von irgendwelchen „Shellshocks“ oder „Heartbleeds“ lustig gemacht hat. Irgendwelche gravierenden Sicherheitslücken, soweit weiß ich das noch (aber fragt mich bitte nicht nach Details).

Lustig gemacht, weil ihm bewusst war, dass dies nur die Spitze des Eisbergs ist. Wo eine Sicherheitslücke klafft, ist die nächste nicht weit. Wenn ein Einbrecher es einmal durch die Verandatür geschafft hat, wird er dafür sorgen, dass er künftig genauso leicht in das Gebäude kommt. Da helfen einem dann auch keine Überwachungskameras mehr. Früher oder später hat er die nämlich auch überlistet.

Ich mache mir hin und wieder auch Sorgen um meine Daten im Internet. Andererseits bin ich auf Facebook angemeldet, also ist es wieder egal, meine Daten sind ja eh schon überall.

Natürlich gibt es auch ganz paranoide, wie zum Beispiel ein guter Kumpel von mir, der grundsätzlich nur mit einem – wie er sagt – besonders abgesicherten PC ins Internet geht, alles verschlüsselt und doppelt und dreifach abgesichert, damit er keine Spuren hinterlässt.

Spurlos geht der digitale Wandel jedoch nicht an uns vorbei. Was kann man nicht schon alles online kaufen? Mittlerweile bieten ja sogar schon stinknormale Lebensmittelmärkte Online-Shops an, mit Auslieferung natürlich. Wo führt das noch hin? Demnächst kann ich die Brötchen beim Bäcker online bestellen, und bekomme sie geliefert?

Wozu brauche ich meine Daten überall? Wenn ich irgendwelche wichtigen Daten habe, packe ich sie mir auf meinen USB-Stick und nehme sie mit. Gut, den darf ich dann nur nicht vergessen, aber ich habe sie nirgendwo online gespeichert.

Am meisten regt sich mein Mann aber über den Ausbau des Handynetzes auf. Früher, das weiß ich noch, gab es nur Telefon und SMS. Dann kam irgendwann das Internet für’s Handy. WAP nannte sich das damals. Das wurde dann relativ schnell von „modernen“ Standards abgelöst, und heute kann man kaum noch eine Zeitschrift über Computer aufschlagen, ohne dass einem die Abkürzung „LTE“ ins Auge springt (über den Abkürzungswahn (kurz AW) lasse ich mich zu einem späteren Zeitpunkt (kurz SZ) aus).

Das Internet auf dem Handy muss immer schneller werden. Demnächst (so die Deutsche Telekom auf der Cebit) werde das mobile Internet schneller sein als das Internet zuhause über die Telefon- oder Fernsehleitung. Bis zu 1 Gbit/s soll möglich sein, also so schnell, wie bei den meisten das Netz zuhause (also zwischen den PCs, nicht ins Internet).

Dafür müsse man kräftig investieren und Funkfrequenzen freiräumen. Natürlich, davon hat man ja auch so viele (die nicht akut gesundheitsschädlich sind).

Die Frequenzen wurden in spektakulären Auktionen an die Netzbetreiber versteigert, Milliarden wurden umgesetzt (wahrscheinlich nach Griechenland), und die Nutzer freuten sich. Endlich war das Internet schnell! Man konnte binnen Sekunden Videos verschicken. Nur irgendwann reichte das dann nicht mehr.

Es musste noch schneller werden.

„Kein Problem“, sagte Frau Neuland…äh…Merkel… wir haben da noch so ein paar alte Frequenzen, die niemand mehr braucht. „DVB-T“…Digitales Fernsehen über Funk. „Braucht kein Mensch, die haben doch alle Kabel.“

Also wurden diese Frequenzen auch noch versteigert.

„Das reicht aber immernoch nicht!“, schrie die Masse. „Noch schneller.“
„OK“, hieß es von unserer Bundeskanzlerin. „Da gibt es noch so ein paar Frequenzen….die waren eigentlich für die Funkmikrofone in Konzerthallen und Theatern…aber was solls? Weg damit, die werden auch versteigert.“

Nun waren die Musiker und Veranstalter Pampig. Die mussten sich jetzt nämlich neue Geräte anschaffen.

„Verstehe“, knickte Frau Merkel ein, „dann bekommt ihr Ausweichfrequenzen…aber NUR BIS 2021! Dann brauchen wir die auch für die Mobilfunknetze.“ Aber diese neuen Geräte kosten. Denn Profis geben sich nicht mit „Consumer“-Ware für 250€ zufrieden. Gute Geräte kosten (ich habe es recherchiert) zwischen 700 und 1000 Euro. PRO GERÄT! Ein Festival wie das Wacken braucht aber dreißig, vierzig, fünfzig von diesen Dingern…. Und die Regierung verdient kräftig mit…Mehrwertsteuer und so. Aber es gibt ja ne Alternative.

Die Digitale Revolution im Mobilfunknetz zwingt Musiker wieder dazu, wieder zum Kabel zurückzukehren. Den Konzertbesuchern ist es wahrscheinlich egal. Hauptsache, ihr Handy ist schnell genug, um das Konzert live ins Internet zu übertragen. Für die jenigen, die dank der modernen Technik zu faul geworden sind, um selber in die Halle zu fahren, und es sich „live“ live anzuschauen.

Und im Musikantenstadl läuft Andi Borg mit einem langen Kabel durch die Reihen, wickelt die Zuschauer buchstäblich ein….und die wissen hinterher, was Helene Fischer mit „Atemlos durch die Nacht“ eigentlich aussagen wollte.

Überhaupt macht uns die digitale Technik faul. Statt zur Videothek um die Ecke zu gehen, schauen wir uns die Filme lieber in der Onlinevideothek an. Die meisten schaut man sich eh doch nur einmal an. Wieso muss man die da kaufen?

Auch die Bücher sollen immer weiter digitalisiert werden. eBook statt Printbuch. Gut, auch ich lese gerne eBooks, weil es für mich krankheitsbedingt einfacher ist, einen eBook-Reader zu halten, als ein gebundenes Buch mit 500 Seiten. Hier genieße ich den Fortschritt schon sehr, und ich schaue mir auch Videos auf Maxdome und Co. an.

Aber heißt dass deshalb, ich bin von der Digitalen Welt abhängig? Nein. Ich poste nur hin und wieder etwas auf Facebook, gehe zum Bäcker um meine Brötchen, oder zum ALDI um meine Lebensmittel zu holen (sparen auf Kosten anderer geht ja auch offline!).

Ich brauche kein SUPERDUPERMEGA schnelles Handy-Internet, um mit meinen Freunden zu kommunizieren. Eine SMS-Flat reicht vollkommen aus für mich. Zuhause habe ich WLAN und Festnetz-Internet.

Die Digitale Evolution sorgt gleichzeitig für eine Humane Devolution. Denn während wir es feiern, dass wir alles online erledigen können, wundert sich unser Bundesgesundheitsminister, wieso die Deutschen immer träger und fetter werden…. aber in Zusammenhängen denkt doch sowieso niemand mehr.

Deshalb ist mir die Cebit auch völlig egal. Sollen die doch technische Neuerungen bringen, die die digitale Wirtschaft voranbringen. Sollen doch die Unternehmen vom Markt verschwinden, die sich nicht in die digitale Revolution einbringen. Dann wird wieder Geschäftsfläche frei. Und es werden sich neue Marktlücken auftun.

Wie wäre es mit einem Facebook-Café? Dort kann man seine Online-Freunde mal OFFLINE treffen….genial, oder?

Oder die „Cloud-Küche“ (Vormals Restaurant genannt). Und Christian Rach ist CEO des Unternehmens.

Oder wie wäre es (ganz verrückt) mit der ReaLib? Einem Geschäft mit lauter Büchern…zum in die HAND NEHMEN…:VERRÜCKT!

Okay, ich glaube, ich gehe mal wieder offline, mich etwas beruhigen. Aber nur bis morgen. Versprochen 🙂

 

Hey cool, so sieht also Tageslicht aus. Hell hier 😉

7 Kommentare

  • Nachti

    Ach Kari, da fällt mir eine 1A-Geschichte ein~

    Ich als Busfahrer erlebe ja einiges in meinen Fahrgasträumen. Viele unterhalten sich, einige telefonieren, andere widerrum schreiben was auf dem Handy. Alles kein Problem, ist ja normal heutzutage.

    Gruselig wirds erst, wenn du Fahrer eines Schüler-E-Wagens bist und die zukünftigen Knirpse in ihre Schule fährst. Als ich damals noch ein kleiner Junge war und mit dem Bus zur Schule fahren musste, war es laut im Bus. Sehr laut. Wenn du irgendwann mal mit mir mitfahren solltest, könntest du im Bus eine Stecknadel fallen lassen und du würdest den Aufprall hören.

    Ich habe das schon öfters erlebt: Die junge Generation schaut permament auf ihren Handys. Keine Unterhaltung mehr, kein Geschreie. Alle sitzen sie still und heimlich auf ihren Sitzen und spielen auf ihren Handys, schreiben irgendwelche Sachen oder sonstiges. Natürlich nur die Premium-Ware in der Hand, wie z.B. iPhone neueste Generation.

    Sehr sehr unangenehm das zu beobachten…

    • Kari

      Danke Nachti…
      Ja, das mit den stillen Bussen kenn ich auch. Das ist wirklich gruselig. Und wenn die dann doch mal reden dann so: Jo, Checket? WaGe?
      Danke, run. Hast gehört, das von Mia? Grins.
      Wtf? Was meinste?

      Die reden wie die schreiben @.@

      • Nachti

        Ja >_< Das ist echt schlimm!

        Bei manchen hab ich mich echt gefragt, wofür die überhaupt noch zur Schule fahren, wenn die so sprechen wie die schreiben. Auch in so einer Vulgärsprache, wo du dich total schämst obwohl du gar nichts für kannst.

        Wenn ich schon 10-, 11-, 12-jährige (so sahen die zumindest so aus) sehe, die die bösen H- und F-Wörter sagen höre, vergeht mir echt alles. Da würde ich am liebsten aufstehen und denen mal fragen, wo die sowas gelernt haben.

  • Uwe

    Hallo Claudia,

    ich war letztes Jahr das erste Mal auf der Cebit und wurde gnadenlos enttäuscht. Ich hatte mir vorgenommen den HP Stand zu besuchen aber mehr wie ein Stehtisch von einer Pommesbude war da nicht drin. Aussage vom Mitarbeiter war, dass die Cebit nichts einbringt.
    Alles andere war völlig sinnfrei oder ich konnte keine Anwendungsbeispiele im Leben finden.

    Der Hammer für die digitale Revolution ist aber dies hier.
    http://www.gillette-box.perfect-shave.de/

    Per Knopfdruck Rasieklingen nachbestellen. Auch wenn das nur ein Beispiel für die Möglichkeiten aufzeigt, denke ich aber nur an den Elektromüll der hier entsteht. Wer bitte denkt von den Menschen denn dran dass dieser Rasierapparat später zum Sondermüll und nicht in die Restmülltonne gehört.

    Die Kinder aus dem Bus sicher nicht.

    • Kari

      Hallo Uwe,

      ich danke dir für diesen tollen Kommentar. Und ich danke dir, für die Bestätigung, warum mir die Cebit am Popo vorbeigehen sollte. Es gibt echten Schrott, den kein Mensch braucht, aber Leben so viel einfacher machen soll. Ich lache immer noch. Und ich wünsche, dass man so etwas vielleicht auch für Tampons entwickelt. Vielleicht könnte der Tampon piepen, wenn er zu voll wird, dann weiß ich, wann ich wechseln muss. Die Packung soll beim Letzten sich automatisch mit dem W-Lan verbinden und Nachschub bestellen. Und wenn wir schon einmal dabei sind, könnten doch auch ganz automatisch alle 4 Wochen meine Blutwerte digital gecheckt werden und meinem Hausarzt via side to side VPN (ich lerne durch Sascha so viel Kluges, dafür danke ich ihm an dieser Stelle sehr :D) gleich in die Praxis übermittelt werden. Das wäre doch Innovativ und ein Anwendungsbeispiel für das Internet der Dinge! 😀

      Aber über die Rasierklingen muss ich immer noch lachen. Warum weiß Sascha das nicht, das es die gibt, die braucht der dringend, dann klappts vielleicht auch wieder mit der regelmäßigen Rasur. 😉

  • Tsu

    Aaaaaber Kari, du bist ehrlich gesagt trotzdem eine meiner Freundinnen, die als ALLERerste ein Smartphone besessen haben und mit anderen in Whats App-Gruppen Unterhaltungen geführt hat… Ich weiß noch, dass ich dich vor ein paar Jahren bei Skype sogar gefragt habe, was dieses „Whats App“ ist… und du postest auch leidenschaftlich gerne bei fb und schreibst deinen Blog, wenn ich das allein an der Frequenz deiner Beiträge messe. Irgendwo ist die Abhängigkeit doch da, oder nicht? (Ich sage nicht, dass das auf mich selbst nicht zutrifft)

    • Kari

      Ja.. ich gebe, wie auch in meinem Beitrag, zu, dass ich diese Dinge nutze, aber man sollte sich doch auch immer die Ausmaße ansehen… Es gibt einfach Sachen, die die Welt nicht braucht (und ich hab dieses Smartphone heute noch, während die anderen schon das 10. Modell haben 😉 )

      Und singende Staubsauger, sprechende Kinderkrokodile, die einem das Lesen beibringen (da frage ich mich, was da noch so kommen wird, den klugen Rasierer gibt es ja schon) und immer erreichbar sein, dass muss ich nicht haben (es kommt vor, dass ich mehrere Tage einfach mein Handy aus habe :D)

      Ich danke dir sehr für deinen Beitrag, liebe Tsu. ^^

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